Was ist Meditation?

Von der Wortbedeutung her heißt Meditation (meditatio lat.) ursprünglich die „Ausrichtung zur Mitte“. Es bedeutet auch: „In die „Mitte“ gehen“ und „aus der Mitte heraus sein“.      So ändert sich die Grundstimmung des Menschen während der Meditation, wenn er diese „Mitte“ gelangt. Vom Verspanntsein, von innerer Unruhe, vom Gefühl des Gehetztwerdens gelangt der Meditierende zu stillem Gesammeltsein, innerer Wachheit und Klarheit, einer gehobenen Stimmung. Die Gedanken kommen zum Stillstand und der Meditierende tritt in einen andereren


Bewusstseinsmodus ein. Meditation gehört nicht dem logischen, begrifflichen und linearem Bewusstseinsbereich an, sondern dem intuitiven, unbegrifflichen, nicht linearem Bewusstsein. So können wir Meditation als Versenkungstechnik bezeichnen, bei der es zu einer Umschaltung des Bewusstseins kommt, d.h. dass der Meditierende in einen Bewusstseinsmodus gelangt, der verschieden ist vom Tagesbewusstsein.

         Tagesbewusstsein                                 Meditatives Bewusstsein

  • Beta-Hirnwellen
  • Dominanz der linken Gehirnhälfte
  • Sympathisches Nervensystem
  • Aktiv sein
  • Reflexion
  • Vergangenheit / Zukunft
  • Anspannung
  • Handeln
  • Sprechen
  • Logik / Berechnung
  • Alpha- bis Theta-Hirnwellen
  • Koordination der Gehirnhälften
  • Parasympathisches Nervensystem
  • Rezeptiv sein
  • Intuition
  • Gegenwart
  • Entspannung
  • Sein
  • Zuhören / nach Innen hören
  • Imagination / Visualisation

Das Wort Meditation kann sowohl aus dem Lateinischen, als auch aus dem Griechischen und Indoeuröpäischen (altindisch/Sanskrit) abgeleitet werden. Das Verb „Meditari“ (lat.) bedeutet „sinnen, sich vorbereiten, sich einüben“. „Medomai“ ( altgriech.) bedeutet „ich ersinne“,  und vom Sanskritwort „Samadhi“ abgeleitet, beschreibt es den Zielzustand der Meditation, einen körperlich-geistigen Zustand ruhevoller Wachheit und ein Verschmelzen mit dem seelischen Wesenskern. Der Duden definiert Meditation schließlich als „nachdenken, sinnende Betrachtung, religiöse Versenkung.
Bedeutsame Meditationslehrer haben Meditation je nach ihrer einen Erfahrung, Absicht und Zielvorstellung sehr unterschiedlich definiert. Andrew Weil: „Meditation ist nichts anderes als eine Entspannungstechnik zu unterschiedlich weit reichenden Zwecken.“ Jack Kornfield (Buddhist): Meditation ist eine Technik, die uns hilft, unseren Körper, unseren Verstand und unsere Umwelt klar zu erkennen, auf all das weise und mitfühlend zu reagieren und es zu verstehen. Meditation muss als Werkzeug zum Erlangen einer Freiheit dienen, die kein Werkzeug benötigt.“ Zen-Meister Ykku: Meditation ist "Achtsamkeit, Achtsamkeit, Achtsamkeit.“ Sogyal Rinpoche: „Meditation ist Heimkehr des Geistes.“
Für mich bedeutet Meditation das Fallenlassen aller Gedanken und Gefühle, um sich in vollkommener körperlicher, emotionaler und geistiger Entspannung dem eigenen seelischen Wesenskern zu nähern und Erfahrungen mit dieser unserer Essenz bis hin zum völligen Einswerden zu machen. Wir können uns durch Meditation unserer wahren Identität jenseits der dreidimensionalen, chronologischen Welt bewusst werden, und aus der Erfahrung dessen, was wir wirklich sind, aus dieser „essentiellen Mitte“ unseres wahren Seins, unser alltägliches Leben völlig neu erfahren und umgestalten.

So schön diese „Definitionen“ auch sind, sehen wir doch, wie weit sie auseinander gehen im Bemühen das „Nicht-Begriffliche“ in Worte zu fassen. Doch können wir bei näherem Hinsehen aufeinander aufbauende Inhalte und Ziele der Meditation ausmachen:
Angefangen bei der Tiefenentspannung des Körpers, der Ruhe, des Friedens und Wohlbefindens im Emotionalen, der „Gedankenleere“ des Verstandes, ermöglicht Meditation auch die Ausdehnung des Bewusstseins in spirituelle Bereiche, wie die Erfahrung der eigenen Seele – unseres Inneren oder Höheren Selbst - bis hin zum Verschmelzen mit dem göttlichen Urkern aller Dinge. „Meditation ist Heimkehr des Geistes.“
So hat Meditation dann auch ihren Ursprung in den großen Weltreligionen, in der Suche des Menschen, mittels Meditation und Gebet die Verbindung zu einer transzendenten Dimension herzustellen, die ihm Klarheit, inneren Frieden, Zuflucht, Führung, Heilung, Erkenntnis und eine Klärung der Sinnfrage geben sollte.
Und so haben denn auch alle großen meditativen Traditionen das gleiche Ziel: Die Erhöhung des menschlichen Bewusstseins zu einer höheren, reicheren, ja mehr erfüllenderen Ebene. Die Unterschiede in diesen Traditionen spiegeln nur die jeweilige Überzeugung der einzelnen Schulen in Bezug auf die wirksamste Methode wider.


Patanjali und der Prozess des Meditierens

 Einer der größten Meditations- und Yogalehrer der Geschichte, Patanjali, hat bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. in seinen Yogasutras durch Verfassung des „Achtfachen Pfades“ eine erstaunlich gute und klare Anleitung zur Meditation verfasst:

YAMA - Regeln der sittlichen Disziplin

Als ethische Grundhaltungen für Menschen, die sich auf die meditative „innere Entdeckungsreise“ machen wollen, empfiehlt Patanjali folgende Tugenden:

  • Verzicht auf Gewalt
  • Verzicht auf Lügen und Betrug
  • Nicht-Stehlen
  • Mäßigung in allen Dingen
  • Nicht-Begehren

NIYAMA - Regeln der Selbstdisziplin

  • Reinheit des Körpers
  • Zufriedenheit
  • Genügsamkeit
  • Studium spiritueller Schriften
  • Bewusste Ausrichtung auf das Göttliche

ASANA – Die Körperhaltung / Pose

Mit ASANA beginnt die Beschreibung des Meditationsprozesses, und der erste Schritt besteht darin, eine geeignete Meditationshaltung einzunehmen, die nach Patanjali „fest und angenehm“ sein soll. Dabei empfiehlt sich eine Haltung, bei der die Wirbelsäule gestreckt ist und die Hände mit nach oben weisende Handflächen auf die Oberschenkel gelegt werden.


PRANAYAMA – Die Atemkontrolle / Atemruhe

Im zweiten Schritt des Meditationsprozesses lenkt der Meditierende seine Aufmerksamkeit auf den Atem, harmonisiert und verlangsamt die Ein- und Ausatemphasen und beginnt rhytmisch zu atmen. Dies dient der Beruhigung, des „Runterkommens“, so dass sich der Körper, die Emotionen und Gedanken entspannen und sich ein Gefühl der Harmonie einstellt. Die Atmung dient hier auch zur Energetisierung, so dass sich ein Zustand der „ruhevollen Aufmerksamkeit“ einstellt. In diesem Meditationsschritt kommen und gehen die Gedanken, ohne dass wir unsere Aufmerksamkeit an sie heften.

PRATYAHARA – Sich zurückziehen

In diesem Meditationsabschnitt zieht der Meditierende seine Aufmerksamkeit von der äußeren Umgebung ab, löst sich auch von den „inneren Objekten“, seinen Gedanken und Emotionen, wird „leer“. Es erfolgt die Koordination der Gehirnhälften.


DHARANA – Konzentration

Nun erfolgt die Konzentration (DHARANA) des Denkens auf ein Meditationsobjekt. Dharana kann auch mit dem gut bekannten Begriff der „Achtsamkeit“ oder des „Nicht-Abgelenktseins“ in Verbindung gebracht werden.
Das Aufmerksamkeit wird auf einen einzigen Punkt fixiert, und dieser kann sowohl der Atem oder ein äußerer Gegenstand, wie auch ein innerer „Gegenstand“ sein, beispielsweise ein einzelner Gedanke, ein Mantra, ein inneres Bild oder Teile des eigenen feinstofflichen Energiesystems (Chakras oder die höheren Energiekörper). In den höheren Meditationspraktiken wird Dharana auf den Geist, das innere oder göttliche Selbst gerichtet. Ablenkende Gedanken beobachtet der Meditierende nur noch und lässt sie dann wieder gehen.

DHYANI – Meditation

Der Meditierende versenkt sich nun vollkommen konzentriert in das Meditationsobjekt und hält dieses für lange Zeit im Bewusstsein. Er bringt nun sein Gefühl ein, erspürt das Meditationsobjekt, bemüht sich seine Essenz, seine Energie und seinen Kern zu erfahren.


SAMADHI - Vereinigung

Im abschließenden Meditationsschritt SAMADHI lässt der Meditierende seine Identifikation mit einem getrennten „Ich“ gehen, verschmilzt im Bewusstsein mit dem Meditationsobjekt und erlangt so vollständigen Aufschluss über dessen Energie und Wesenskern.
So verstanden dient Meditation als Instrument, das uns in die Essenz, in das „Herz“ dessen führt, auf das wir unsere Konzentration richten. Wir erkennen und verstehen es. Ein Prozess der Bewusstseinserweiterung setzt ein, da das eigene Bewusstsein nun mehr und mehr innere und äußere Objekte einschließt und versteht.
Höchste Meditation richtet sich auf den Geist selbst, auf die eigene Seele (das Höhere Selbst), die Patanjali als „Gott – gleich (ATMAN)“, Buddha als die dem  Menschen innewohnende „Buddhanatur“ beschreibt.  Gelingt dem Meditierenden das Aufgehen (SAMADHI) in seiner höheren Natur, seiner Seele, so erfährt er über diese Brücke die Vereinigung mit der Quelle allen Seins, mit Gott, und der Meditationspfad erreicht sein Ziel.
Wenn wir das oben Gesagte zusammen fassen, so beginnt meditative Praktik bereits, sobald unsere Aufmerksamkeit ganz im Hier und Jetzt angelangt und Übungen oder Handlungen mit entspannter Aufmerksamkeit und Konzentration durchgeführt werden. Engen wir den Begriff des Meditierens auf sein schlussendliches Ziel ein, so erkundet der Meditierende mit stiller Aufmerksamkeit das „Herz“, die Energie von Welt und Seele, um schlussendlich in Gott seine Uressenz zu erfahren, in ihr aufzugehen und aus ihr heraus zu „Sein“.
Von dem oben beschriebenen Zustand der „mystischen“ Einheit während der Meditation  berichten Menschen aller Weltreligionen. So bedeutende historische Persönlichkeiten wie Buddha, Christus, Meister Eckardt, Platon, Sokrates und Emanuel Swedenborg, wie auch zeitgenössische Menschen wie Walt Whitman, Pascal und Dr. Joshua David Stone erreichten und beschrieben diese kosmisch-mystische Einheit mit allem Sein.
Obwohl durch die Zeitepoche, den kulturellen Hintergrund und dem Glauben unterschiedlich bezeichnet und beschrieben, handelt es sich bei ihren Schilderungen doch letztlich um die gleiche Grunderfahrung: Im Zen-Buddhismus nennt man diese Erfahrung „Satori“, im Joga „Moksha“ oder „Samadhi“ und bei den christlichen Mystikern die „Unio Mystica“. Die Sufis bezeichnen sie als „Fana“, die Quäker als „inneres Licht“ und andere Begriffe für diese Erfahrung sind „Erleuchtung“ und „Kosmisches Bewusstsein“. All diese Bezeichnungen beschreiben eine radikale Veränderung des Bewusstseins und das subjektive Einssein mit der Quelle, mit Gott. Hier gelangt das Bewusstsein des Meditierenden vollkommen ins Hier und Jetzt, die Zeit scheint still zu stehen oder nur sehr verlangsamt abzulaufen. Der Erlebende erfährt sich nicht länger getrennt von der Umwelt, von anderen Menschen, der Natur oder dem All, sondern gelangt in ein Bewusstsein der Gemeinsamkeit mit allem Leben, in dem das eigene Selbst alles umfasst. Er nimmt das Universum als lebendiges Wesen wahr. Begleitet werden diese Erfahrungen von Gefühlen grenzenloser Liebe, Seligkeit, Ekstase und Glück. Der eigene Körper ist von Licht durchströmt und der Meditierende hat das Gefühl, über unendliches Wissen und Weisheit zu verfügen. Er erfährt sich vollkommen eingebettet in ein kosmisches Ganzes, ein alldurchdringendes Sein, in Gott.
Die Erfahrung dieses „kosmischen Bewusstseins“ hinterließ bei den all jenen Menschen einen unauslöschlichen Eindruck, und es ist ein erstaunliches Faktum, dass diese Persönlichkeiten insgesamt durch ihre Beiträge in Bereichen wie Literatur, Philosophie, Religion und Kunst die moderne Gesellschaft begründeten.
Zwar gelang bisher nur einigen Menschen dieser Übergang in ein transzendentes, kosmisches Bewusstsein, letztendlich wird aber die gesamte Menschheit – auch im Hinblick auf die sich gegenwärtig erhöhenden Energien auf der Erde – diesen Bewusstseinsgrad erreichen.